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2025-08-25
Annabelle Theobald

„Schwierige Probleme sind in der Kryptografie etwas Gutes“: CISPA-Faculty Dr. Willy Quach stellt sich vor

Kryptografie schützt unsere Informationen – vor neugierigen Blicken, Fälschung, Spionage, Betrug und Manipulation. Ohne Kryptografie wäre unsere digitale Welt so öffentlich wie eine Postkarte – jede:r könnte unsere Nachrichten mitlesen, abändern oder missbrauchen. Die Grenzen, aber auch die Limitierungen kryptografischer Verfahren auszuloten, ist was Dr. Willy Quach antreibt. Er ist im vergangenen Dezember vom Weizmann Institute of Science in Israel ans CISPA gekommen und arbeitet jetzt als neuer Tenure-Track-Faculty zu Theorie und Grundlagen der Kryptografie.

Egal ob beim Zahlen mit Karte, beim Surfen im Internet oder beim Schreiben mit Freund:innen: Kryptografie ist tagtäglich im Einsatz. Sie läuft still im Hintergrund ab und sorgt dafür, dass unsere digitale Kommunikation sicher funktioniert. Von der alten Geheimschrift, die Caesar nutzte, um militärische Nachrichten zu schützen, zu den hochkomplexen Algorithmen, die heute das Rückgrat unserer digitalen Welt bilden, ist viel passiert. „Allein die Fortschritte, die es in den vergangenen zwanzig Jahren gegeben hat, sind enorm“, sagt CISPA-Neu-Faculty Willy Quach. Ihn fasziniert es vor allem, herauszufinden, was mit kryptografischen Verfahren alles denkbar ist. „Bildlich gesprochen kann man sich Kryptografie als ein Studium verschiedener Schlösser vorstellen. Während sich viele meiner Kolleg:innen hier am CISPA eher damit auseinandersetzen, wie sie gut funktionierende Schlösser für bestimmte Anwendungen bauen können, beschäftige ich mich eher damit, welche Materialien für den Bau geeignet sein könnten und was die Schlösser alles absichern könnten“, so Quach.

Schwierigkeit als Grundbaustein von Sicherheit

 In der Kryptografie ist vieles anders als in anderen Bereichen der Informatik. „In der Informatik geht es oft darum, wie eine bestimmte Aufgabe oder ein Problem möglichst schnell und effizient von einem Computer gelöst werden kann. Schwierige Probleme sind hier ein Hindernis. In der Kryptografie ist das anders. Hier sind schwierige Probleme etwas Gutes“, sagt Quach. Das liegt daran, dass herausfordernde mathematische Probleme als solide Grundlage für kryptografische Verfahren dienen können. Diese grundlegenden Bausteine nennt man kryptografische Primitive. Viele dieser Primitive – die modernen kryptografischen Methoden zugrunde liegen – basieren auf schwierigen, sogenannten „harten“ Problemen im Sinne der Komplexitätstheorie, die untersucht, wie viel Aufwand nötig ist, um ein bestimmtes Problem zu lösen. Kombiniert sichern kryptografische Primitive viele von uns täglich genutzte Systeme wie etwa Messengerdienste ab. „Dass ein Problem für uns heute als hart oder schwierig gilt, heißt aber nicht, dass es das wirklich ist. Es heißt nur, dass wir es derzeit nicht besser wissen“, sagt Quach. Und so sucht er, wie viele Kolleg:innen, nach immer neuen kryptografischen Primitiven – falls eben doch plötzlich eine als sicher geltende Verschlüsselung gebrochen werden kann.

„Kryptografen schlafen schlecht“

Laut Quach besteht der Goldstandard – zumindest theoretisch – darin, dass das Lösen eines kryptografischen Problems länger dauern sollte als das Alter des Universums. Für wen das keine geübte Zeiteinheit ist: Das sind etwa 14 Milliarden Jahre. In der realen Welt jedoch sind viele Kryptograf:innen bereit, ein wenig von dieser kosmischen Sicherheit zugunsten praktischer Effizienz aufzugeben. Wie schnell dieser Standard ins Wanken geraten kann, zeigt ein Szenario, das sich schon seit längerer Zeit düster am Kryptografen-Himmel abzeichnet: der Aufstieg von Quantencomputern. „Quantencomputer sind aktuell nicht sehr vielseitig, was sie aber sehr gut können, sind bislang als schwierig geltende Rechenproblem lösen: Zum Beispiel das Faktorisieren sehr großer Zahlen, das Berechnen diskreter Logarithmen und das Brechen von Kryptografie mit elliptischen Kurven. Sie werden damit zur Bedrohung für drei wichtige kryptografische Verfahren, die derzeit überall im Internet zum Einsatz kommen, um Daten zu verschlüsseln und digital zu signieren.“ Und so forscht Quach nicht zuletzt auch an quantensicheren Alternativen. Auch wenn bislang noch immer umstritten ist, ob und wann Quantencomputer wirklich in der Breite zum Einsatz kommen werden.

Quachs bisheriger Werdegang

Der Forscher ist in Paris aufgewachsen und hat sein Masterstudium an der École Normale Supérieure de Lyon abgeschlossen. „Ich wusste zwar im Masterstudium nicht so ganz genau, was ich da eigentlich genau tue, aber ich wusste, dass mich theoretische Kryptografie fasziniert“, sagt Quach und lacht. „Ich habe dann herausgefunden, dass in den USA zu Theorie und Grundlagen sehr viel mehr geforscht wird als hier in Europa und bin als PhD-Student an die Northeastern University in Boston gegangen. Dort hatte ich eine gute Zeit.“ Nach Abschluss seines PhD-Studiums war Quach ein Jahr lang Postdoc am Weizmann Institute in Israel, bevor er im vergangenen ans CISPA wechselte – und so wieder Heimat und Familie näher rückte. Seine Entscheidung für das CISPA ist vor allem wegen seiner neuen Kolleg:innen gefallen. „Am CISPA arbeiten viele Kryptograf:innen, die ich sehr respektiere und die tolle Arbeit leisten. Ich freue mich, wenn ich dazu auch einen Beitrag leisten kann. Ich mag die Menschen und den Vibe am CISPA.“