Erfolgreicher Start des CISPA European Cybersecurity & AI Hackathon Championships in Paris
In Paris ist der Winter angekommen. Um Mitternacht beginnt Schnee zu fallen; draußen, im Hochhausviertel La Défense, sammelt er sich auf den Plätzen. Ein Paar macht ein romantisches Selfie vor der Weihnachtsbeleuchtung, zwei Männer liefern sich eine spontane Schneeballschlacht. Viel bekommt man davon beim CISPA-Hackathon nicht mit. Es ist etwas ruhiger geworden in der 19. und 20. Etage der ikonischen Grande Arche. Erste Teams testen die vielen Sitzsäcke und Luftbetten, leere Pizzakartons schmücken die Schreibtische – doch auf dem Leaderboard, das die Teams nach Punkten einstuft, herrscht weiterhin reges Treiben. Immer wieder kommt Bewegung ins Ranking – es bleibt spannend.
Zwölf Stunden zuvor startet alles mit einer E-Mail, die alle gleichzeitig erhielten. Darin enthalten: ein sogenannter „API-Key“, eine Art Zugangsschlüssel, der den Teilnehmer:innen Zugriff auf die KI-Modelle und Datensätze gibt, die sie für den Hackathon benötigen. Die Anspannung im Raum ist spürbar, denn drei Aufgaben gilt es zu lösen – alle drehen sich um sichere und vertrauenswürdige Künstliche Intelligenz. Und ab jetzt tickt die Uhr: Die 47 Teilnehmer:innen in 16 Teams haben exakt 24 Stunden Zeit, um die Aufgaben bestmöglich zu lösen. Sie alle sind hier, um sich beim regionalen Vorentscheid ein Ticket für die Endrunde in St. Ingbert zu sichern. Doch nur die besten drei schaffen es – die Herausforderung ist groß.
Ohne Ablenkung auf eine Challenge konzentrieren
Was macht einen Hackathon wie diesen so besonders? Fragt man CISPA-Faculty Dr. Franziska Boenisch, vor allem viel Spaß und jede Menge Pizza. Zusammen mit CISPA-Faculty Dr. Adam Dziedzic und ihrem Team ist sie Initiatorin des Wettbewerbs. Für sie zählt aber auch der volle Fokus auf die Thematik: „Die Teams können sich hier 24 Stunden lang ohne Ablenkung vollständig auf ihre Aufgabe konzentrieren und all ihre Energie in die Lösung der Challenge stecken“, sagt Boenisch. Das wissen auch die Teilnehmer:innen zu schätzen: „Wir können mit den drei Challenges wirklich in die Tiefe gehen und das jeweilige Problem viel besser verstehen“, sagt Naomi Maronic, Teil des Teams „Zero Day Divas“.
Die Challenges lohnen sich tatsächlich, genauer verstanden zu werden – denn sie könnten aktueller kaum sein. Sie alle zielen auf Bereiche der KI ab, die längst Einzug in unseren Alltag gehalten haben. Etwa die erste Aufgabe, die sich um Bildklassifizierungsmodelle dreht. Diese Modelle sollen zuverlässig erkennen, was auf einem Bild zu sehen ist. Simples Beispiel: Um welches Tier handelt es sich auf einem Zoo-Schnappschuss? Solche Modelle können durch sogenannte „Perturbation“, also gezielte Störungen, in die Irre geführt werden. Dabei wird ein Bildrauschen angewendet, das das Bild für menschliche Augen kaum verändert – das Modell aber dazu bringt, ein Foto eines Affen etwa als Panda zu klassifizieren. Genau das sollen die Teilnehmer:innen hier erreichen: Bilder so mit unsichtbarem Rauschen zu manipulieren, dass das vorbestimmte Modell sie nicht mehr korrekt erkennt. Das ist keine belanglose Übung, denn ähnliche Modelle werden in besonders kritischen Bereichen wie der Medizin eingesetzt, etwa zur Erkennung von Krankheiten, wo eine Fehlklassifizierung großen Schaden anrichten kann.
Dass vertrauenswürdige KI immer wichtiger wird, sehen auch viele Teilnehmer:innen so. Mahdi Ayadi, der an der CentraleSupélec in Paris studiert, betont für sein Team „Automacyber“: „Uns interessiert besonders die Sicherheit und Verlässlichkeit von KI. Hinter dem aktuellen Hype verbergen sich viele Risiken, und einfach immer mehr KI zu entwickeln, ohne sie sicher und zuverlässig zu machen, ist keine gute Idee.“
Zeitgemäße Challenges: Dem Ursprung KI-generierter Bildern auf der Spur
Wie solche Risiken abgefangen werden könnten, spiegelt sich auch in der zweiten Aufgabe wider. Hier sollen KI-generierte Bilder dem Modell zugeordnet werden, das sie erzeugt hat. Denn jedes Modell hinterlässt bei der Generierung von Inhalten spezifische Spuren. Diese zu erkennen und korrekt zuzuordnen ist herausfordernd – aber angesichts der heutigen Masse an KI-Inhalten gesellschaftlich äußerst relevant.
Eine Aufgabe, die die 16 Teams gerne annehmen. Wie sie das tun, ist ganz unterschiedlich: Während manche Teams wissenschaftliche Publikationen wälzen, füllen andere Seiten um Seiten mit Formeln und Skizzen. Und natürlich: viele nehmen auch verbreitete LLMs wie ChatGPT oder Gemini zu Hilfe. Der Fortschritt der Teams funktioniert dabei so: Die Teams trainieren Modelle für die jeweiligen Aufgaben und übermitteln es dann an einen Server, den das CISPA-Team bereitstellt. Dort wird ein Score berechnet, der zeigt, wie gut das Modell die jeweilige Aufgabe löst; dieser wird live auf dem digitalen Leaderboard angezeigt. So sehen die Teams jederzeit, wo sie stehen – und bekommen gleichzeitig zusätzliche Motivation. Am Ende werden die übermittelten Modelle von Dziedzic, Boenisch und ihrem Team noch mit größeren Datensätzen überprüft, um den endgültigen Sieger zu ermitteln. Spannung ist also garantiert – bis zum Schluss.
Glückliche Hacker:innen: Am Ende des 24-Stunden Marathons
Als in Paris der Morgen anbricht, ist der Schnee bereits wieder Geschichte. Den 16 Teams steht die Müdigkeit ins Gesicht geschrieben. Viele haben die Nacht durchgearbeitet, nur unterbrochen von kurzen Pausen, etwa für Pizza-Nachschub. Und als pünktlich, 24 Stunden nach Beginn des Hackathons, keine weiteren Übermittlungen zum Server mehr möglich sind, macht sich bei vielen auch Erleichterung breit.
Am Ende stehen die drei besten Teams fest: „We are all Alex“ auf Platz eins, „Loki“ auf Platz zwei und „A5 Hackyu“ auf Platz drei. Sie alle dürfen im nächsten Jahr zur Endrunde nach St. Ingbert reisen und haben dort die Chance auf den Titel.
Aleksey Morshnev, Teil des erstplatzierten Teams, ist überzeugt, dass ihm das Gelernte auch in seiner weiteren Forschung als Masterstudent zugutekommen wird: „Jede Aufgabe, jedes Paper und alles, was ich hier umgesetzt habe, hat mein Wissen erweitert – und ich werde es in jedem zukünftigen Projekt nutzen“, sagt er. Und was dem Gewinnerteam letztlich den ersten Platz beschert hat? Vor allem das Teamwork: „Ich glaube, wir haben gewonnen, weil wir uns immer gegenseitig unterstützt und geholfen haben.“ Der viele Spaß – und jede Menge Pizza – dürften ebenfalls ihren Teil beigetragen haben.
Der nächste regionale Vorentscheid findet am 13. und 14. Dezember 2024 in Wien statt.
Über das Hackathon Championship
Das CISPA European Cybersecurity & AI Hackathon Championship ist ein europaweiter Wettbewerb, der von November 2025 bis Juni 2026 vom CISPA Helmholtz-Zentrum für Informationssicherheit organisiert wird. In regionalen Vorentscheiden in großen europäischen Universitätsstädten treten Bachelor- und Masterstudierende in Teams von bis zu vier Personen an, um innerhalb von 24 Stunden Herausforderungen aus den Bereichen KI und Cybersicherheit zu lösen. Die Gewinner:innen der einzelnen Städte qualifizieren sich für das große Finale in St. Ingbert, wo sie um Geldpreise, Trophäen und Zertifikate konkurrieren. Durch die Zusammenführung junger Talente aus ganz Europa soll diese Meisterschaft nicht nur Innovation und Kompetenzen in vertrauenswürdiger KI und Cybersicherheit fördern, sondern auch eine gesamteuropäische Gemeinschaft aufbauen, die sich der Sicherung unserer digitalen Zukunft verschrieben hat.