Einer für alle und alle für einen
„Im Grunde geht es fast immer darum, dass wir Probleme schneller lösen wollen als bisher“, sagt CISPA-Faculty Dr. Sebastian Brandt, der im Oktober 2021 von der ETH Zürich ans CISPA gekommen ist. Mit Problemen meint der 36-Jährige die Aufgaben, die ein Computer ausführen muss, um uns auf Knopfdruck Daten und Services wie etwa den schnellsten Weg in die nächste Großstadt oder den Online-Einkauf per Mausklick liefern zu können. Viele dieser Aufgaben werden nicht von einzelnen Computern, sondern in kleinen und großen Netzwerken verarbeitet.
Seit den 1990er-Jahren werden verteilte Systeme immer relevanter und die IT-Infrastruktur vernetzter. Für den Einsatz verteilter Systeme gibt es verschiedene Gründe. Da in verteilten Systemen mehrere Prozesse gleichzeitig ausgeführt werden können, arbeiten sie sehr viel schneller als einzelne Computer. Zudem lässt sich die Leistungsfähigkeit eines Netzwerks durch Hinzufügen weiterer Rechner einfach steigern. Einige der Probleme, die wir heute lösen wollen, seien zudem so riesig, dass die Datenmengen nicht mehr auf einem einzelnen Computer gespeichert werden können und deshalb verteilt werden müssen. „Das ist zum Beispiel bei einigen komplexen Problemen verschiedener Fachbereiche der Fall. Für einige dieser Probleme bräuchten wir derzeit aber selbst mit riesigen Computer-Clustern Hunderte von Jahren, um sie lösen zu können.“
Was das Ganze so zeitaufwendig macht, ist dabei meist nicht die Rechenoperation selbst, sondern der Kommunikationsaufwand innerhalb verteilter Systeme. In den Netzwerken kommunizieren die Computer allerdings nur direkt mit ihren jeweiligen Nachbarn. Wollen weit entfernte Rechner Informationen austauschen, braucht es dazu einige Kommunikationsrunden und jeder dieser Kommunikationsschritte braucht Zeit. Brandt analysiert und entwirft Algorithmen, die möglichst wenige Kommunikationsrunden brauchen, um Probleme effektiv zu lösen. „Eines meiner Hauptziele ist es, zu verstehen: Was kann berechnet werden, wenn man nur auf einen kleinen, lokalen Teil der Eingabedaten zugreifen kann?“
Zu wissen, wo die Leistungsoptimierung an ihre Grenzen stößt, ist dabei elementar. „Ich habe in der Vergangenheit vielfach untere Schranken dafür aufgezeigt, wie schnell etwas berechnet werden kann. Denn: Viele Forscher:innen versuchen, Systeme noch schneller zu machen. Wenn sie aber wissen, dass es unter den Beschränkungen des Modells, mit dem sie arbeiten, keinen Algorithmus gibt, der schneller als eine bestimmte Laufzeit ist, stecken sie nicht unnötig viele Arbeitsstunden in ein hoffnungsloses Unterfangen“, erklärt Brandt. In seinem Forschungsbereich sei bis vor einigen Jahren noch wenig darüber bekannt gewesen, was unmöglich ist. „Wir haben aber in den vergangenen drei bis sechs Jahren einiges dazugelernt. Jetzt sind wir in der spannenden Situation, dass wir für manche jahrzehntealten Probleme endlich genau wissen, wie schnell wir sie lösen können.“
Bevor er als leitender Wissenschaftler ans CISPA gekommen ist, war Sebastian Brandt in der Discrete and Distributed Algorithms Group Postdoc an der ETH Zürich, wo er 2018 auch promovierte. „Ich bin gespannt, welche neuen Forschungsfragen sich durch die Zusammenarbeit mit meinen neuen Kolleg:innen für mich ergeben werden. Ich habe auch schon ein paar Ideen.“