„Ich habe die lebendige Atmosphäre und die offene Bürokultur sehr genossen“ Im Gespräch mit Saiid El Hajj Chehade
Saiid, wie bist du zur Cybersicherheit gekommen?
Ich habe an der AUB im Libanon Computer- und Kommunikationstechnik studiert. Dort haben wir immer wieder Projekte mit maschinellem Lernen oder anderen Themen durchgeführt, für die wir Daten benötigten. Da habe ich festgestellt, dass es mir liegt, Daten auf unterschiedliche Weise von Websites zu extrahieren und Scraper und Crawler zu entwickeln. Darüber hinaus war mein Vater im Libanon im öffentlichen Sektor im Bereich Cybersicherheit tätig. Das hat mich immer dazu inspiriert, auch in dieses Feld zu gehen. Der nächste Schritt bestand darin, mich für ein Praktikum an der EPFL zu bewerben, wo ich mich speziell mit Websicherheit befasst habe. Von da an ging es dann richtig los.
Cybersicherheit ist ein sehr weites Feld. Was sind deine Forschungsinteressen?
Meine ersten Projekte befassten sich vor allem mit Browser-Erweiterungen und Adblockern. Dabei ging es unter anderem um von Browser-Erweiterungen ausgelöste „web breakages“. Dann bin ich zum Browser-Fingerprinting übergegangen. Während meiner Zeit am CISPA habe ich Einblick in ein Projekt bekommen, bei dem es um Autorisierungsprobleme bei Anfragen aufgrund unsicherer Parameter ging. Mein Fokus liegt also auf Autorisierungen und Erweiterungen und ich versuche, mich näher an die Browser und ihre Funktionsweise heranzutasten.
Du hast diesen Sommer zwei Monate am CISPA verbracht. Was hat dich zum CISPA gebracht?
Meine Betreuerin an der EPFL, Professorin Carmela Troncoso, ging in Mutterschutz. Sie meinte, dass dies ein guter Zeitpunkt für mich wäre, etwas Zeit mit jemandem zu verbringen, der über umfassende Erfahrung in meinen Themenbereichen verfügt. Ihr Vorschlag war, Ben Stock und einige andere Leute am CISPA zu kontaktieren. Ich habe mich dann mit Ben und Giancarlo Pellegrino getroffen. So kam es, dass ich mich Bens Gruppe angeschlossen habe, um an diesem interessanten Projekt zu arbeiten.
Was hat dir an deiner Zeit bei CISPA gefallen?
Sehr genossen habe ich die lebendige Atmosphäre und die offene Bürokultur. Die Türen waren immer offen und man konnte immer hingehen und tiefgehende Fragen zu seinem eigenen Thema stellen. Dazu kamen die sehr lebhaften Diskussionen und die sehr inspirierende Atmosphäre, insbesondere in Ben‘s Gruppe. Die Doktoranden, die ich kennengelernt habe und mit denen ich mich angefreundet habe, sind fantastisch. Mir gefiel der Austausch von Ideen und die vielen Erfahrungen, die ich von Ben und seinen Doktoranden mitnehmen konnte. Bei den wöchentlichen Treffen, bei denen wir uns als Gruppe über unsere Arbeit ausgetauscht haben, gab es viele Einblicke die mir bei meiner Forschung sehr helfen.
Was nimmst Du aus deiner Zeit am CISPA mit?
Der Beste an meinem Aufenthalt am CISPA war, dass ich viele Pipelines, also die technische Infrastruktur für die Durchführung eines Experiments, und andere Tools kennengelernt habe, die ich für meine eigenen Untersuchungen verwenden kann. Außerdem habe ich viele Tipps und Tricks erhalten, wie man diese Setups optimiert und Experimente im großen Maßstab durchführt. Ich habe auch angefangen, eine Gruppe von Freiwilligen anzuleiten, die mir bei der Skalierung einiger Experimente halfen. Das war auch eine schöne erste Erfahrung. Abgesehen davon waren auch allgemeine Tipps zum Verfassen von Artikeln und allgemeine Hinweise, was ich für Folgeprojekte anschließen könnte, sehr nützlich.
Hast du eine Vorstellung davon, in welche Richtung du dich nach deiner Promotion entwickeln möchtest?
Das ist eine interessante Frage, die ich mir stelle, seit ich mit meiner Promotion begonnen habe. Ich denke, dass es davon abhängt, wo ich mich niederlassen werde. Würde ich beispielsweise in der Schweiz und in der Wissenschaft bleiben, müsste ich an die ETH in Zürich gehen, weil es ansonsten keine andere Möglichkeit gibt. Eine Option wäre, auch die Industrie in Betracht zu ziehen, um meine Optionen zu erweitern. Aber wenn ich entscheide, zum Beispiel nach Deutschland oder in die USA zu gehen, könnte ich auch dort in die Wissenschaft gehen. Ich halte mir also alle Optionen offen. Aber eine Konstante ist, dass ich definitiv mein eigenes persönliches Nebenprojekt haben möchte. Ich könnte mir auch vorstellen, daraus ein Startup zu gründen. Das könnte gut nebenher laufen, egal ob ich in der Wissenschaft oder der Industrie lande.
Tischfußballturniere sind ein sehr wichtiger Aspekt der sozialen Aktivitäten am CISPA. Welchen Eindruck hattest du davon?
Das war wirklich fantastisch. Aber dazu muss ich die ganze Geschichte erzählen. Am meinem ersten Tag, erzählte mir Ben, dass Tischfußball ein wichtiger Bestandteil der Forschungsroutine sei und dass es im Grunde zu meinen Hauptaufgaben gehöre. Ich habe in meinem Leben vielleicht ein- oder zweimal Tischfußball gespielt. Aber es gab nie die Gelegenheit, irgendwelche Tricks zu lernen. Bei meinem ersten Spiel gegen Ben hat er mich mit seinen Fähigkeiten völlig überrannt. Das war der Moment, in dem ich anfing, mich mehr für die verschiedenen Tricks und Strategien zu interessieren. Wir begannen fast jeden Tag nach dem Mittagessen zu spielen. Tischfußball ist eine sehr gute Möglichkeit ist, um Menschen, die sich nicht so gut kennen, zum Reden und Diskutieren zu bringen, auch über Forschungsgruppen hinweg. Mit der Zeit habe ich immer mehr Erfahrung gesammelt und konnte mich besser verteidigen und auch einige Tore erzielen. Darauf bin ich sehr stolz. Diese Erfahrung hat mir während des Turniers geholfen, mein Tor gut zu verteidigen und den ersten Preis zu gewinnen. Ich glaube es ist der erste Preis für die Secure Web Applications Group unter der Leitung von Ben. Das freut mich sehr.
Saiid, vielen Dank für das Gespräch und deine Zeit.