Künstliche Intelligenz für mehr Demokratie
Die politische Meinungsbildung zählt zu den Grundlagen einer funktionierenden demokratischen Gesellschaft. Allerdings ist sie in den letzten Jahren großen Änderungen unterworfen: Neben den klassischen Medien bestimmen heute diverse Akteure den öffentlichen Diskurs, der dann häufig unter dem Einfluss einseitiger Filterblasen und Echokammern steht. Für Bürger:innen ergeben sich Unsicherheiten, Unübersichtlichkeiten und nicht zuletzt Polarisierungen. Ob und wen sie aber wählen, hängt maßgeblich von den im Alltag konsumierten Informationen ab.
Die Informationslandschaft ist in unterschiedliche Content-Anbieter:innen fragmentiert – soziale Medien, Influencer:innen, Messenger-Dienste und viele mehr. Informationen werden dort häufig ohne Quellenangaben und einordnenden Kontext dargestellt. Im Gegensatz zu Informationen aus dem klassischen Journalismus haben Rezipient:innen hier keine Überprüfungsmöglichkeiten. Falschdarstellungen, Manipulationen, Verzerrungen oder künstlich erstellten Inhalten sind Tür und Tor geöffnet. Demokratische Prozesse, wie politische Meinungsbildung und freie Wahlen, werden gestört, bestehende Anschauungen verfestigt und konstruktive Diskurse untergraben.
An dieser Stelle setzt der von der Stiftung geförderte Forschungsverbund an. Während der Projektlaufzeit soll insbesondere ein innovatives Software-Werkzeug (KonCheck) entwickelt und erprobt werden, das als anwenderfreundliche App politisch relevante Informationen kontextualisieren sowie auf ihre Echtheit und Vertrauenswürdigkeit hin überprüfen kann. Technologisch sollen dabei Sprachmodelle der künstlichen Intelligenz zum Einsatz kommen. Nutzer:innen können dann Fragen zu bestimmten Texten stellen, sich Quellen anzeigen lassen, Artikel in einfacher Sprache abrufen oder sich Inhalte im Kontext einordnen lassen. KonCheck soll Menschen zur Partizipation motivieren, indem es einfache Möglichkeiten zur Interaktion schafft.
Die Gestaltung des KI-Tools erfolgt in einem intuitiven und leicht verständlichen Design, da es sich vor allem an vulnerable Nutzergruppen richtet. Dazu gehören Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen, Senior:innen und junge Erstwähler:innen. Als sogenannte Digital Immigrants teilen ältere Menschen wegen mangelnder Medienkompetenz mitunter gefährliche Fake News. Jungwähler:innen hingegen sind durch den frühen Konsum sozialer Medien oftmals in polarisierenden Informationsumgebungen sozialisiert und wenig kompromissbereit.
Leiter und Koordinator des interdisziplinären Forschungsverbunds ist Prof. Dr. Jens Gerken, der an der Technischen Universität Dortmund die Forschungseinheit „Inklusive Mensch-Roboter-Interaktion“ verantwortet. Die Entstehung des neuen KI-Tools wird aus sozialpsychologischer und kommunikationswissenschaftlicher Perspektive begleitet. Erklärtes Ziel des Ladenburger Kollegs „KI-basierte Methoden zur Unterstützung von Meinungsbildung und Partizipation“ ist es, Menschen in persönlichen Entscheidungsprozessen zu unterstützten und ihre Resilienz gegenüber Manipulation zu stärken. Politische Partizipation ist ein Ausdruck sozialer Gerechtigkeit und stärkt demokratische Mechanismen.
Projektpartner
Über die Ladenburger Kollegs
Die Ladenburger Kollegs stellen eine Schwerpunktförderung der Daimler und Benz Stiftung dar. Das Format bietet Wissenschaftlern die Möglichkeit, innerhalb eines interdisziplinären Forschungsverbunds Themenstellungen über einen längeren Zeitraum zu bearbeiten. Hierzu veröffentlicht die Stiftung in unregelmäßigen Abständen Ausschreibungen.
Über die Daimler und Benz Stiftung
Die Daimler und Benz Stiftung fördert Wissenschaft und Forschung. Dazu richtet sie innovative und interdisziplinäre Forschungsformate ein. Ein besonderes Augenmerk legt die Stiftung durch ein Stipendienprogramm für Postdoktoranden sowie die Vergabe des Bertha-Benz-Preises auf die Förderung junger Wissenschaftler. Mehrere Vortragsreihen sollen die öffentliche Sichtbarkeit von Wissenschaft stärken und deren Bedeutung für unsere Gesellschaft betonen. www.daimler-benz-stiftung.de