Die Datenschutzregeln beim Messenger WhatsApp sollen sich ändern. Diese Meldung erhalten seit einigen Wochen immer mehr Nutzer:innen. Die Diskussionen darüber schlagen in den unterschiedlichsten Medien seitdem hohe Wellen. CISPA-Faculty Dr. Katharina Krombholz hat über die Nutzung verschiedener Messenger auch mit UnserDing, dem Jugendradio des Saarländischen Rundfunks, gesprochen.
“Ich denke, man sollte sich über die anstehenden Neuerungen bei WhatsApp gar nicht so viel empören. Schwerwiegender sind die Dinge, die in der Vergangenheit schon passiert sind. Aber grundsätzlich wird sich im Hintergrund einiges ändern, weil WhatsApp immer mehr an Facebook angebunden werden soll”, sagt sie.
Bereits 2014 kaufte Facebook den Messenger WhatsApp und versprach der EU, dass keine Datenanbindung technisch möglich sei. “Das war aus der damaligen Sicht schon völliger Quatsch. Und über die Jahre wurde WhatsApp dann doch technisch immer weiter eingegliedert. Und auch jetzt wird durch die neue Datenschutzrichtlinie viel mehr Zugriff auf die Userinnen und User möglich sein”, so die CISPA-Wissenschaftlerin.
Welche Änderungen tatsächlich auf die Nutzer:innen zukommen, bleibt abzuwarten. Noch herrscht auch unter Datenschutz-Juristen:innen in Europa Unklarheit. “Fakt ist, sie wollen ganz klar eine bessere Datenanbindung haben und damit viel mehr Informationen über die Nutzerinnen und Nutzer von WhatsApp sammeln, die dann natürlich auch entsprechend verwerten, zum Beispiel mit personalisierter Werbung und wer weiß, was in der Zukunft technisch dann noch alles möglich sein wird.”
WhatsApp ist Ende-zu-Ende verschlüsselt. Das heißt theoretisch, dass Inhalte weder von WhatsApp noch von Facebook genau gesehen werden können. “Was sie aber sehen können, sind auf jeden Fall die Metadaten. Sie wissen, wer, wann, mit wem kommuniziert. Diese Metadaten sind für die sozialen Netzwerke einsehbar und mit diesen Metadaten kann man ganz schön viel Unfug machen”, erklärt Krombholz und weist auf ein großes Problem hin: “WhatsApp lässt sich nur verwenden, wenn ich dieser Firma Zugriff auf mein Adressbuch gebe. Das heißt alle Daten, die ich da über meine Freundinnen und Freunde gespeichert habe, wie Geburtstage vielleicht oder Bilder, bekommt dann WhatsApp. Und damit in Zukunft wahrscheinlich auch Facebook. Wenn es nicht sowieso schon der Fall ist.”
Es lässt sich nicht ausschließen, dass Facebook als Mutterkonzern von WhatsApp und Instagram sagen kann, wer mit wem in einer gewissen Beziehung steht, so Krombholz. “Anhand der Metadaten kann man irrsinnig viele Rückschlüsse auf das soziale Leben von uns allen schließen. Sogar über Menschen, die nicht bei einem der sozialen Netzwerke von Facebook angeschlossen sind. Es werden sogenannte Shadow-Profile angelegt, das heißt, auch Leute, die sich nicht aktiv bei Facebook oder WhatsApp registriert haben, sind dadurch, dass alle von uns ihre Adressbücher dort hochladen, auch bei WhatsApp und Facebook so mit registriert.”
Daher stellt die CISPA-Wissenschaftlerin die Frage nach alternativen sozialen Netzwerken und Messengern. Will man wirklich alle Daten und die Daten der Freundinnen und Freunde an große Konzerne geben? Soll unser Internet der Zukunft so aussehen? “Ich glaube, die meisten von uns wollen das vielleicht auch nicht”, sagt CISPA-Faculty Krombholz und empfiehlt deshalb, andere Messenger zu testen.
“Es gibt einige Alternativen, die man sich mal anschauen sollte. Guten Gewissens kann ich Signal und Threema empfehlen”, so Krombholz. Signal verschlüsselt Ende-zu-Ende. Der Quellcode ist frei einsehbar und auf den Servern die großteils in den USA stehen werden keine Daten gespeichert.
Auch Threema aus der Schweiz ist nach Angaben der leitenden CISPA Wissenschaftlerin eine Alternative. Diese App ist allerdings nicht kostenlos. “Threema ist sehr datensparsam. Sie geben sich ganz ganz viel Mühe die Privatsphäre eines jeden einzelnen von uns zu bewahren. Und vielleicht ist das für den ein oder anderen wichtig: es gibt natürlich Features wie Sticker, Gifs und Gruppenchats”, weiß die Wissenschaftlerin.
Ganz klar positioniert sie sich gegen die Dienste Telegram und Kik und fügt an: “Letztendlich muss sich jeder von uns überlegen: Was möchte ich? Ich glaube aber wir müssen auch alle gar nicht so streng miteinander sein und nicht von heute auf morgen WhatsApp deinstallieren. Ich glaube, es ist auch völlig in Ordnung, Signal oder Threema zu installieren und sich mal ein bisschen damit auseinander zu setzen. Und dort mit ausgewählten Personen zu kommunizieren. Es ist auch völlig in Ordnung zu Beginn mal mehrere Messenger zu verwenden.”
Katharina Krombholz ist zur Zeit Faculty am CISPA und Leiterin der Usable Security-Gruppe im Forschungsbereich empirischer und verhaltensorientierter Sicherheit. Zuvor war sie leitende Wissenschaftlerin bei SBA Research. Sie schloss ihre Doktorarbeit im November 2016 mit Auszeichnung ab. Außerdem erwarb sie 2012 einen Masterabschluss in Medieninformatik an der TU Wien.